Ein klimafreundlicher Neubau – muss im Detail viele Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Wir beantworten dir die wichtigsten Fragen rund ums klimafreundliche Bauen, die Beantragung der Förderung und ob sie sich für dich lohnt.
Schlüsselfertig oder Ausbauhaus?
Wenn du von der Förderung Klimafreundlicher Neubau (KFN) profitieren möchtet, musst du für dein Haus eine Lebenszyklusanalyse (LCA) durchführen lassen. Dafür müssen alle im Haus verwendeten Baumaterialien - bis zum letzten Stück Tapete oder Parkett - dokumentieren und als Bestandteil des Hauses in die Berechnung mit einbezogen werden. Das Selbermachen beim Hausbau ist also prinzipiell durchaus möglich – nur musst du die Dokumentation für die Förderung trotzdem gewährleisten und bist in der Materialwahl unter Umständen nicht ganz frei.
Weil die Förderung noch recht neu ist, gibt es dafür aber noch keine echten Erfahrungswerte. Grundsätzlich gut funktionieren müsste es allerdings z.B., wenn du mit einem Ausbauhaus-Anbieter baust, der dir für deine Eigenleistung vorher bereits klar definierte Materialpakete zusammenstellt: So ist, ähnlich wie beim schlüsselfertigen Haus, schon früh geklärt, welche Materialien zum Einsatz kommen werden, und du riskierst nicht, dass dir am Ende ein paar fehlende Punkte die Förderung verhageln.
Ist es nachhaltiger, klein zu bauen?
Das richtige Verhältnis von Nutzfläche zur „Haushülle“ ist bei der Lebenszyklusanalyse das A und O! Der Grenzwert, der für die Errichtung von Wänden, Bodenplatte und Dach etc. an „grauer Energie“ verwendet werden darf, liegt bei 24 CO2 -Äquivalenten pro Quadratmeter und Jahr. Das ist sehr wenig! Die Gesamt-CO2 -Äquivalente eines Hauses ergeben sich in der LCA aus allen Einzelwerten aller Materialien, die für seinen Bau verwendet werden.
Je größer die Materialmenge bzw. deren „graue Energie“ pro Quadratmeter, desto schlechter. Je größer die Anzahl der Quadratmeter Netto-Nutzfläche, die du mit diesem Material herstellst, desto besser steht die Chance unter die „magischen 24“ zu kommen. Das führt nun ironischerweise dazu, dass kleine Häuser eventuell nicht KFN-förderfähig sind: Ein kleiner kompakter Bungalow mit Flachdach hat oft nicht das richtige Materialaufwand/ Flächen-Verhältnis. Wird er aber z.B. unterkellert, wodurch sich die Nutzfläche verdoppelt, kann er die Kriterien unter Umständen wieder erfüllen. Auch ein Spitzboden unterm Satteldach (lichte Höhe > 1,25 m) kann die rettenden paar Quadratmeter rausholen. Flexibel planen kann sich also lohnen.
Sind alle 19 QNG-Bewertungs-Steckbriefe gleich wichtig?
Die 19 Steckbriefe sind in vier Gruppen aufgeteilt (in der Grafik unten in verschiedenen Farben dargestellt). Jede Kategorie zählt zu 25 Prozent zum Gesamtergebnis. Es gibt einzelne Steckbriefe im BNK Bewertungssystem, die „schwerer“ wiegen als andere. So zum Beispiel die Steckbriefe 3.1.1, 3.1.2 und 3.2.2. Hinter ihnen „versteckt“ sich die Lebenszyklusanalyse (LCA). Die hier ermittelten Werte sind sehr wichtig für das Erreichen des Förderstandards.
Ansonsten gilt: Bei jedem Steckbrief muss mindestens ein Punkt erreicht werden. Aber auch hier gibt es „Tricks“: Beim Steckbrief 1.7.1 Barrierefreiheit ist es notwendig, ein Nutzungskonzept zu erstellen, das erläutert, wie ein Teil des Hauses in Zukunft auch von Menschen mit körperlichen Einschränkungen genutzt werden kann. Eventuelle Umbauten oder Ergänzungen der aktuellen Planung – wie z.B. ein nachträglicher Einbau eines Lifts oder die Umwidmung des Arbeitszimmers im EG in ein Schlafzimmer – sind u.U. ausreichend, um den einen notwendigen Punkt zu erhalten. Ein erfahrener BNK-Auditor hilft dir, die richtigen Schwerpunkte zu setzen, um möglichst „preiswert“ an dein Förderziel zu kommen.
1. Soziokulturelle und funktionale Qualität
- 1.1.1 Wohngesundheit: Innenraumluftqualität
- 1.1.2 Wohngesundheit: Trinkwasserhygiene
- 1.2.1 Sommerlicher Wärmeschutz
- 1.3.1 Tageslichtverfügbarkeit
- 1.4.1 Schallschutz
- 1.5.1 Haustechnik: Bedienfreundlichkeit und Informationsgehalt der Steuerung
- 1.6.1 Sicherheit: Präventive Schutzmaßnahmen gegen Einbruch
- 1.6.2 Sicherheit: Brandmeldung und Brandbekämpfung
- 1.7.1 Barrierefreiheit
2. Ökonomische Qualität
- 2.1.1 Ausgewählte Kosten im Lebenszyklus
3. Ökologische Qualität
- 3.1.1 Ökobilanz: Treibhauspotenzial
- 3.2.1 Ökobilanz: Primärenergiebedarf
- 3.2.2 Dezentrale Erzeugung regenerativer Energien
- 3.3.1 Einsatz von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung
- 3.4.1 Einsatz von Wasserspararmaturen
- 3.5.1 Flächenausnutzung
4. Prozessqualität
- 4.1.1 Zielvereinbarung
- 4.2.1 Gebäudeakte inkl. Nutzerhandbuch
- 4.3.1 Qualitätssicherung
Diese Übersicht zeigt die 19 Steckbriefe des Bewertungssystems Nachhaltiger Kleinwohnhausbau (BNK). Die genauen Bewertungskriterien für jeden einzelnen Punkt kannst du hier nachlesen.
Profiunterstützung für die KFN-Förderung
Ein Haus so zu planen, zu bauen und zu dokumentieren, dass du die neue KFN-Förderung auch sicher bekommst, ist eine recht komplexe Angelegenheit. Ohne Profi-Unterstützung geht da gar nichts. Folgende Experten brauchst du dafür an deiner Seite:
Finanzierungs-Experte: Wie bei jedem Bauvorhaben, solltest du zuallererst deine finanziellen Möglichkeiten prüfen. Am besten zusammen mit einem Baufinanzierungsexperten. Er kann dir nicht nur sagen, welche Kreditsumme du erwarten kannst, sondern rechnet dir auch vor, was dich das jeden Monat über wie viele Jahre kosten wird. Er kann dir auch ganz konkret ausrechnen, welche Zinsbeträge du mithilfe der KFN-Förderung einsparen kannst.
Energieeffizienz-Experte: Die KfW setzt voraus, dass du dein Vorhaben gemeinsam mit einem Energieeffizienz-Experten planst und durchführst. Dieser hilft dir, deine Hausplanung so zu erstellen, dass du die Förderkriterien einhältst, erstellt z.B. die LCA, den Effizienzhaus-40-Nachweis, und bestätigt dir das auf dem Formular „Bestätigung zum Antrag“, mit dem du bei deiner Bank den KfW-Kreditantrag stellen kannst. Während des Baus und nach dessen Abschluss prüft er, ob Förderkriterien der KfW eingehalten werden und bestätigt die förderfähigen Kosten mit der sogenannten „Bestätigung nach Durchführung“. Deinen Experten findest du hier.
Nachhaltigkeits-Experte: Für die Nachhaltigkeitszertifizierung deines geplanten Zuhauses nach dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) brauchst du einen speziell ausgebildeten Auditor. Er überprüft deine Planung nach Übereinstimmung mit allen 19 Steckbriefen des BNK und ermittelt so, ob dein Projekt QNG-konform ist. Fehlen dir noch Punkte, kann er Änderungsvorschläge machen, die dazu führen, dass du die Richtlinien erfüllst. Der Auditor schickt seine Beurteilung dann zur Zertifizierung an eine akkreditierte Zertifizierungsstelle, die bei Übereinstimmung das Qualitätssiegel „Nachhaltiges Gebäude“ ausstellt.
VORSICHT: Wenn du die Zertifizierung verfehlst, wird dir der Förderkredit wieder aberkannt!! Sorgfältiges Arbeiten ist hier also ein Muss!!!
Ist der KFN-Fördertopf begrenzt?
Für die Förderung von Neubauwohnungen hat die Bundesregierung insgesamt 1,1 Milliarden Euro bereitgestellt. Diese Summe teilt sich allerdings auf mehrere Töpfe auf: In das Programm 297 – für Wohngebäude für die private Selbstnutzung und diverse weitere Programme, die speziell für Kommunen und Investoren gedacht sind. Insgesamt will die Bundesregierung für das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau“ pro Jahr 750 Millionen Euro bereitstellen. Experten befürchten jetzt bereits, dass dieser recht übersichtliche Fördertopf bald schon leer sein könnte. Wer sich also für die Förderung interessiert, sollte seine Bauentscheidung nicht unnötig auf die lange Bank schieben. Dafür spricht auch, dass Finanzierungsexperten damit rechnen, dass auch die Baukreditzinsen weiter steigen werden. Bauen wird also in absehbarer Zeit wohl nicht billiger werden.
Was kostet die QNG-Zertifizierung?
Die Arbeit vom Energieeffizienz-Berater und BNK-Auditor ist leider nicht kostenlos. Die Kosten für die Fachplanung und Baubegleitung des Energieberaters und des QNGAuditors kannst du aber als förderfähige Kosten bei deinem KFN-Förderkredit anrechnen. Das heißt: Die Kosten für die Experten werden über den Kredit abgedeckt – einen Extra-Zuschuss dafür gibt es nicht. Die Kosten für die QNG-Zertifizierung teilen sich in die Zertifizierungsgebühren sowie die Honorarkosten des BNK-Auditors auf. Die Zertifizierungsgebühren beinhalten die Durchführung des Zertifizierungsprozesses von Seiten der Zertifizierungsstelle BiRN und werden bei der Anmeldung des Projektes berechnet.
Für ein Einfamilienhaus mit einer Wohneinheit liegt diese bei 595 Euro zzgl. MwSt., beim Zweifamilienhaus bei 795 Euro zzgl. MwSt. Das Honorar für den BNK-Auditor berechnet sich nach seinem Aufwand. Du musst es individuell mit ihm vereinbaren. Je nach Aufwand musst du hier aber mit mehreren tausend Euro rechnen. Günstiger geht es, wenn du ein Fertighaus baust: Dank standardisierter Details und Baustoffe geht die Zertifizierung hier schneller und günstiger – mit etwa 2.500 Euro für die QNG-Zertifizierung plus Zertifizierungsgebühr musst du hier aber auch rechnen.
Ist eine PV-Anlage und eine Hausbatterie Pflicht?
Nein, weder für das Effizienzhaus 40 noch für das QNG-Zertifikat ist ausdrücklich eine Photovoltaikanlage oder eine Hausbatterie gefordert. Aber in der Praxis hat sich schon bei den ersten Pilotprojekten gezeigt: Man braucht bei den meisten Einfamilienhäusern die „Pluspunkte“ der regenerativen Energieerzeugung und des hohen Eigenverbrauchs im Haus, um die Nachhaltigkeitszertifizierung zu erhalten. Wer also auf die Förderung aus ist, sollte schon mal sicherheitshalber die Mehrkosten für eine PV-Anlage und eine Hausbatterie mit einrechnen. Mit 20.000 bis 30.000 Euro, je nach Größe, solltest du dafür rechnen.
ACHTUNG: In Baden-Württemberg, Berlin und Hamburg gibt es für neue Wohngebäude bereits eine Solardachpflicht. Unabhängig von KfW-Förderprogrammen muss hier auf jedem neu gebauten Wohnhausdach eine Solaranlage installiert werden! Details unter: www.energieexperten.org. Das Positive: Diese Investition amortisiert sich im Laufe der Jahre, denn durch die Verwendung der Energie vom eigenen Dach reduzierst du deine monatliche Rechnung für teuren Netzstrom deutlich und Gas musst du dank Elektrowärmepumpenheizung ohnehin nicht mehr beziehen.
Wieviel kostet ein KFWG-Q mehr?
Da ein KFWG mindestens den Standard eines Effizienzhaus 40 haben muss, musst du bei der Haushülle und der Haustechnik in der Regel in eine bessere Qualität investieren. Der Kostenunterschied zwischen einem Effizienzhaus 55 – dem heutigen Mindeststandard für ein neu gebautes Einfamilienhaus – und einem Effizienzhaus 40 liegt laut einer Studie* zwischen 3,5 und 7,5 Prozent. Benötigt dein Haus, um die notwendige Punktzahl für das QNG-Zertifikat zu erreichen, eine PV-Anlage und eine Hausbatterie, muss du zusätzlich Geld einplanen (siehe links). Dazu kommen die Kosten für den Nachhaltigkeits-Auditor und für die Zertifizierung.
Für wen lohnt sich die Förderung?
Die Zinsen für die Förderkredite liegen rund drei Prozent unter dem durchschnittlichen Zinssatz für Baukredite, wie du sie heute bei deinem Baufinanzierer bekommen kannst. Allerdings kannst du für ein KFWG-Q Gebäude maximal 150.000 Euro (KFWG = 100.000 Euro) pro Wohneinheit erhalten. Den Rest deines Finanzierungsbedarfs musst du weiterhin über einen normalen Bankkredit zu marktüblichen Preisen finanzieren. Man kann also mit der Förderung viel Geld bei der Baufinanzierung sparen (siehe unten).
ABER: Ein Haus, das nach KFN-Förderrichtlinien gebaut wird, ist auch teurer als eines, das lediglich den Mindeststandard erfüllt. Diese Mehrkosten werden durch die Zinseinsparungen in der Regel nicht gedeckt. Wessen Hausplanung ohnehin in großen Teilen dem QNG-Standard nahe kommt, zum Beispiel ein Hanghaus mit Keller (= viel Nutzfläche) in einem Bundesland wie Baden-Württemberg (Solardachpflicht), du also ohnehin die Photovoltaikanlage bauen musst, dann ist der Mehraufwand für die QNG-Zertifizierung unter Umständen ein lohnender. Besprich die unterschiedlichen Optionen noch vor Beginn der Planung mit deinem Finanzierungspartner, deinem Architekten oder Hausanbieter und lasse dir für dein ganz spezifisches Projekt die zu erwartenden Kosten und Nutzen darlegen.
Unser Zins-Vergleichsbeispiel: Für die Finanzierung ihres Hauses benötigt Familie Mustermann einen Kredit von 500.000 Euro. Links findest du die Zinsen für die normale Baufinanzierung ohne Förderung und rechts die Variante mit dem momentan maximalen KFN-Förderbetrag für ein KFWG-Q-Gebäude.
YouTube-Video Kurz-erklärt
Im Hausbauhelden-YouTube-Video - "Günstiger bauen: DAS müsst ihr über die Neubau Förderung 2023 wissen" - erklärt euch Desiree nochmal Schritt für Schritt die Konditionen und alle Fakten zu den Förderprogrammen.