Bauträgerinsolvenz – was tun?

Baugrundstück
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Im Gegensatz zum Bauunternehmer übernimmt der Bauträger nicht nur die Bebauung, sondern verkauft dem Erwerber auch das Grundstück. Bei einer Bauträgerinsolvenz wird es kompliziert. Rechtsanwältin Petra Symosek erklärt, was im akuten Fall zu tun ist und wie man vorbeugen kann.

Grundstück und Bauleistung aus einer Hand, schlüsselfertig und zum Festpreis, mit garantiertem Fertigstellungstermin: Lisa und Jan Pfitzner überlegten nicht lange, als im Norden Berlins das neue Baugebiet erschlossen wurde und unterschrieben beim Notar den Vertrag über ein Einfamilienhaus. Dabei unterschätzten sie die Bedeutung der nicht-realen Teilung.

Die Insolvenz des Bauträgers war für Familie Pfitzner der Super-GAU. Sie hatten bereits die ersten Raten bezahlt, eine Küche bestellt und einen Kita-Platz gefunden. Nun standen sie plötzlich vor einer Bauruine, alle beteiligten Firmen waren abgerückt. Wie jeden Erwerber, der von einer Bauträgerinsolvenz betroffen ist, quälten Familie Pfitzner zwei Fragen: Wie kommen wir zu lastenfreiem Eigentum? Oder können wir aus dem Vertrag aussteigen und unser Geld zurückverlangen?

Eine Insolvenz kann jeden Bauträger treffen, unabhängig von dessen Größe oder Tätigkeitsfeld. Bauträger müssen nicht nur die Bauleistung, sondern auch den Erwerb der Bauträgergrundstücke vorfinanzieren. Mit hohen Bankdarlehen entwickeln sie ganze Neubaugebiete oder sichern sich teure „Filetstücke“ in Top-Lagen. Stockt der Vertrieb oder halten Erwerber wegen Qualitätsmängeln Zahlungen zurück, fehlt es schnell an flüssigen Geldmitteln, um Handwerker zu bezahlen. Bekommt der Bauträger die Krise nicht in den Griff, muss er Insolvenz anmelden.

Um Bauherren vor deren Folgen zu schützen, gibt es rechtliche Rahmenbedingungen. Sobald der Erwerb des Grundstücks rechtlich sicher ist, teilt der Notar dem Erwerber mit, dass der Kaufpreis an den Verkäufer zu zahlen ist („Fälligkeitsmitteilung“). Beim Bauträgerkauf greift ab diesem Zeitpunkt oft ein Ratenplan nach Baufortschritt. Die zulässigen Raten ergeben sich aus der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV), die Schutzvorschriften für Bauträgerkunden enthält. Wenn der Bauträger Vorkasse will, muss er eine Bankbürgschaft stellen, die den Erwerber für den Fall der Bauträger-Pleite absichert (MaBV-Bürgschaft). Der Notar, der den Bauträgervertrag beurkundet, achtet darauf, dass die Vorschriften der MaBV eingehalten werden.

Der Notarvertrag und die MaBV bieten also für den Insolvenzfall einen gewissen Schutz. Dieser Schutz hat aber empfindliche Lücken: Abgesichert ist nur, dass der Erwerber entweder das Grundstückseigentum (mit der Bauruine) oder aber, wenn der Vertrag rückabgewickelt wird, sein Geld zurückbekommt. Weitere Schäden werden nicht ersetzt.

In den meisten Fällen entscheidet aber die Bauträgerbank und nicht der Erwerber, ob sie das Grundstück freigibt oder den Vertrag rückabwickelt.

Bauträgerinsolvenz – was tun?

Ob eine Firma insolvent ist, lässt sich bundesweit unter www.insolvenzbekanntmachungen.de nachlesen. Hier wird bekannt gemacht, wenn das Insolvenzgericht – als Sofortmaßnahme, weil es mehrere Monate dauern kann, bis feststeht, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet wird – einen „vorläufigen Insolvenzverwalter“ bestellt. Obwohl der Erwerber sich mit einer insolvenzfesten „Auflassungsvormerkung“ im Grundbuch gesichert glaubt, ist sein Grundstückserwerb bis zuletzt gefährdet: Schließlich steht die Bauträgerbank (Globalbank) noch vor den Erwerbern im Grundbuch. Darum kämpft der Erwerber in der Bauträgerinsolvenz immer an zwei Fronten: Gegen den Insolvenzverwalter und gegen die Bauträgerbank. Beide verfolgen eigene Interessen und stehen keineswegs auf Seiten der Erwerber. Bauträgerkunden sollten darum im Insolvenzfall sofort einen Anwalt einschalten, damit ihre Interessen professionell vertreten werden, keine Formfehler passieren und auf Augenhöhe verhandelt wird.

Familie Pfitzner ging zum Anwalt, der ihnen zunächst riet, den Bautenstand durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen. „Danach haben wir gemeinsam überlegt, ob wir das Grundstück behalten wollen – auch wenn wir wegen der Insolvenz nur einen Rohbau bekommen – oder ob wir den Vertrag rückabwickeln. Wir haben uns wegen der guten Lage entschieden, weiterzubauen, auch wenn es teurer wird. Das ging aber nicht so einfach, weil die Grundstücke nicht real geteilt, sondern als Wohnungseigentum konzipiert waren. Wir haben darum mit den Nachbarn und unserem Anwalt zusammen eine Strategie entwickelt“, erzählt Jan Pfitzner.

 

Zunächst hieß es aber erst einmal: abwarten. Es dauerte mehrere Monate, bis das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, infolge dessen der Anwalt den Insolvenzverwalter aufforderte, zu erklären, ob er die Bauträgerverträge erfüllt. Wenn die Bauträger-Pleite da ist, wird es an dieser Stelle knifflig: Haben beide Vertragspartner noch Leistungen zu erbringen, hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht. Er kann entscheiden, ob die laufenden Verträge aus den Mitteln der Insolvenzmasse erfüllt werden oder nicht. Bis zu dieser Entscheidung befinden sich die Verträge im Schwebezustand – und der kann dauern, denn der Bauträgervertrag wird in der Insolvenz aufgespalten: Man bekommt das Grundstück mit dem Rohbau. Die restlichen Bauleistungen entfallen, der Insolvenzverwalter braucht die Verträge nicht mehr zu erfüllen.

Selbst weiterbauen oder 
rückabwickeln?

Der Anwalt der Familie Pfitzner verhandelte sowohl mit dem Insolvenzverwalter als auch mit der Bauträgerbank darüber, dass das Grundstück aus der Pfandhaft entlassen wird. Im Ergebnis wurde eine dreiseitige Vereinbarung getroffen, so dass Familie Pfitzner und die anderen Erwerber lastenfreies Eigentum erwerben und auf eigene Rechnung weiterbauen konnten. „Als wir diese Vereinbarung hatten, konnten wir loslegen – und haben gemeinsam mit unseren Nachbarn eine neue Firma beauftragt“, erläutert Lisa Pfitzner. „Dadurch fielen die Mehrkosten nicht ganz so hoch aus. In der WEG haben wir einen Teil unserer Sicherheiten zusammengelegt, um die Gemeinschaftsanlagen fertigzustellen. Die passenden Verträge hat der Anwalt aufgesetzt. Einige Nachbarn haben ihre Verträge rückabgewickelt. Hier hat unser Anwalt dafür gesorgt, dass sie zumindest die gezahlten Raten zurückbekommen, und zwar von der Bank des Bauträgers, der ja selbst zahlungsunfähig war. Wir sind alle mit einem blauen Auge davongekommen und für uns war es die richtige Entscheidung, weiterzubauen.“

Bauherren sollten auf erfahrene Bauträger mit zufriedenen Kunden und guter Bonität setzen. Sollte der Bauträger das gesamte Siedlungsgebiet erschlossen oder sich in einem Ballungsgebiet das letzte „Filetgrundstück“ gesichert haben, sollten Bauherren die Kompetenz des Notars zu ihrem Vorteil nutzen. Der Notar erklärt ihnen, wie sie im Insolvenzfall abgesichert sind. Die Beratung durch den Notar ist in den Notargebühren enthalten und sollte entsprechend genutzt werden.

Wie kann man sich schützen?

Anschließend sollte der Bauträgervertrag durch einen spezialisierten Anwalt geprüft werden. Bauherren erhalten den Notarvertrag mindestens 14 Tage vor dem Beurkundungstermin zur Durchsicht. Es herrscht also keinerlei Zeitdruck.

Auch nach der Beurkundung sollten Bauherren am Ball bleiben und die Tätigkeiten rund um den Bau beobachten, um Anzeichen einer möglichen Krise frühzeitig zu erkennen.
Typische Anhaltspunkte sind der Wechsel oder die Insolvenz des Haupt- oder Generalunternehmers, Baustillstand, Störungen des Bauablaufs, schlechtere Erreichbarkeit, Ter-
mine werden unter Ausflüchten verschoben, Sitzverlegung, Geschäftsführerwechsel und Änderung des Firmennamens. Versucht die Geschäftsleitung gar, den vereinbarten Ratenzahlungsplan zu Ihren Lasten zu ändern oder Abschlagszahlungen auf ein anderes als das im Vertrag genannte Konto zu lotsen, sollten alle Alarmglocken schrillen.

Fazit der Familie Pfitzner: Nichts unterschreiben, was man nicht versteht. Vor Vertragsschluss beraten lassen. Geht der Bauträger pleite, unbedingt einen baurechtlich spezialisierten Anwalt einschalten. Sich auf Basis dessen Beratung ein klares und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen realistisches Ziel setzen. Schadensbegrenzung anstreben. Mit dem Insolvenzverwalter und der Bauträgerbank verhandeln, um das Ziel zu erreichen.

Rechtsanwältin Petra Symosek Rechtsanwältin Petra Symosek ist Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, Schlichterin und Schiedsrichterin sowie Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht.

www.arge-baurecht.com

 

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