Wärmeschutz: Wie Fertighäuser gedämmt werden

Fertighäuser dämmen
Foto: Foto: Mariana, adobestock.com

Zu den Themen, mit denen sich Bauinteressenten heute intensiv auseinandersetzen sollten, gehört auch die Dämmung. Hier zeigen wir deshalb Beispiele für Dämmsysteme im Fertigbau und verdeutlichen die wichtigsten Eigenschaften.

Das Gebäudeenergiegesetz hat in den letzten Jahren die Anforderungen an den Energiestandard so erhöht, dass praktisch keine Bauweise mehr an einer Dämmung der Außenhülle vorbeikommt. Dabei hat das Dämmsystem großen Einfluss auf Qualitätskriterien der Haushülle, beeinflusst etwa die Innentemperaturen im Sommer und Winter, die Wohngesundheit und die Förderfähigkeit. Es lohnt sich also für Baufamilien, sich über Dämmsysteme zu informieren. Deshalb hier die wichtigsten Unterschiede anhand von gängigen Beispielen aus dem Fertigbau.

Generell hat der Holzfertigbau den Vorteil, dass viel Dämmung innerhalb der tragenden Wand liegt. Deshalb ist ein hoher Energiestandard bereits bei schlanken Wandquerschnitten möglich, was bei vergleichbaren Grundrissen mehr Wohnfläche bringt. Die klassische Fertigbau-Wand ist eine tragende Holzrahmenkonstruktion, die zum Abtragen horizontaler Kräfte (z. B. Windlast) beidseitig beplankt ist. Die Dämmung liegt größtenteils in den Gefachen des Holzrahmens, außen kam mit steigenden Anforderungen an den Energiestandard ein Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) hinzu. Eine solche Wand ist in der Regel mit einer Dampfbremse versehen, also nicht diffusionsoffen. Entgegen anderslautenden Werbebotschaften ist dies kein negatives Qualitätskriterium: Die Dampfdiffusion spielt für das Raumklima und die bauphysikalische Sicherheit einer intakten Außenhülle keine wesentliche Rolle. Tatsächlicher kon-struktiver Vorteil: Wasser, das zum Beispiel durch eine Beschädigung in die Wand eingedrungen ist, kann so wieder aus diffundieren.

Mineralfaser mit WDVS

Ein etwas außergewöhnlicher Vertreter dieses Typs ist die hier gezeigte Schwörer-Außenwand, die innen klassisch mit zwei Beplankungen plus Dampfbremse aufgebaut ist. Zu ihren Besonderheiten gehört eine winddichte, diffusionsoffene Membran auf der Außenseite der Dämmung. Damit bietet sie eine Sicherheitsreserve gegen Beschädigungen, die angesichts der robusten Außenbeplankung aber eher unwahrscheinlich sind.

Weitere Auffälligkeit: Ein Großteil der Dämmung liegt in der 240 mm starken Holzrahmenkonstruktion, das Wärmedämmverbundsystem reduziert sich auf eine 30 mm starke Putzträgerplatte. Dies ermöglicht mehr Flexibilität bei der Fassadengestaltung, ist laut Vertriebschef Detlev Bühman im Zusammenspiel mit der dahinterliegenden Cospanplatte eine der Ursachen für den hervorragenden Schallschutzwert (58 dB) und erleichtert das Befestigen von Accessoires (Lampen, Markisen etc.). Die zementgebundene Cospanplatte sorgt außerdem dank hoher Speicherfähigkeit an heißen Tagen für angenehme Innentemperaturen. Schwörer erreicht mit der 320 mm starken Standardwand einen U-Wert von 0,15 W/m2K und garantiert den Effizienzhaus 55-Standard.

Mineralfaser mit WDVS

Mineralfaser mit WDVS: Bei der hier gezeigten Wand ist das WDVS auf 30 mm Putzträger reduziert, es folgt eine ze-mentgebundene „Cospanplatte“. Eine diffusionsoffene Membran gibt Sicherheit, der Löwenanteil der Dämmung liegt in der Konstruktion. Foto: Schwörer

Wettbewerber arbeiten in der Regel mit weniger Innendämmung und dickerem WDVS, bei dem überwiegend Polystyrol zum Einsatz kommt. Dieser Dämmstoff steht allerdings bei Umweltschützern in der Kritik, weil er aus fossilen Rohstoffen hergestellt wird. Etliche Fertighausfirmen nutzen deshalb „Ecose“ als WDVS – eine formaldehydfreie Glasfaserdämmung, die mit vergleichsweise geringem Energiebedarf hergestellt wird und von Ökotest mit der Note „sehr gut“ bewertet wurde. Weiterer Vorteil: Im Vergleich mit Polystyrol bietet die nicht brennbare Glasfaser die besseren Brandschutzeigenschaften. Diesen Dämmstoff findet man zum Beispiel im „Multitec-Wandsystem“ von Kampa.

Zu den Vorteilen des klassischen Wandsystems gehören ein günstiger Preis und eine Dämmwirkung (erkennbar am niedrigen WLG-Wert), die besser als bei vielen Naturdämmstoffen ist. Der energetische Gewinn für die Umwelt kann also auf lange Sicht eine schlechtere Energiebilanz bei der Dämmstoffherstellung ausgleichen. Als Nachteile bleiben schlechtere Recyclingeigenschaften und eine vergleichsweise geringe Speicherwirkung, die – falls nicht kompensiert – zu einem schlechteren Wärmeschutz im Sommer führen kann.

Diffusionsoffen mit Holzfaser

Ein typisches Beispiel für die diffusionsoffene Bauweise ist der hier gezeigte Wandaufbau von Keitel Haus. Das Unternehmen bietet alternativ auch eine klassische Wand mit Dampfbremse und Ecosedämmung an, etwa 90 Prozent seiner Kunden entscheiden sich im Lauf der Beratung aber für den diffusionsoffenen Aufbau.

Holzfaserdämmung Diffusionsoffen

Diffusionsoffen: Mit Ecosedämmung und OSB4-Platten ausgestattet, besteht diese Wand ausschließlich aus Materialien mit natureplus-Zertifikat. Die Holzfaserdämmung außen verbessert den Brandschutz und die Phasenverschiebung. Foto: Keitel

Dies zum einen wegen der bauphysikalischen Eigenschaften: Die Holzfaserdämmplatte, die bei der diffusionsoffenen Wand als WDVS zum Einsatz kommt, verbessert den Brandschutz (F90 B) und sorgt wegen ihrer hohen Rohdichte für eine deutlich höhere Phasenverschiebung, also für einen effizienten sommerlichen Wärmeschutz. Einen weiteren Vorteil sieht Keitel-Geschäftsführerin Regina Graf  im diffusionsoffenen Aufbau selbst: „Aus meiner Sicht bietet die Wand eine sehr gute Sicherheitsreserve in den klassischen Problemzonen – etwa hinter Schränken an der Außenwand, wo die DIN-Abstände nach unserer Erfahrung eher selten eingehalten werden. Hier sind auch Lüftungsanlagen weitgehend wirkungslos.“ Weiterer Vorteil: In der Wand befinden sich ausschließlich ökologische Materialien mit natureplus-Zertifizierung. Als Dämmung wird auch in der diffusionsoffenen Variante Ecose eingesetzt, alternativ bietet Keitel Haus auch eine mit Soda behandelte Jutedämmung an. Sie belegt  mit 11,3 Stunden einen Spitzenplatz bei der Phasenverschiebung und verbessert die Feuchteregulierung, die CO2-Bilanz und die Recyclingfähigkeit. Bauherren setzen sie bevorzugt im Dach ein.

Der Nachteil beider Varianten liegt im höheren Preis: Der Aufpreis für die diffusionsoffene Variante ist mit 2 Prozent moderat, kann sich aber angesichts der Bausumme summieren. Der Aufpreis für Jute in der Dachkonstruktion liegt
bei 3000 Euro, derzeit läuft eine günstige Einführungsaktion.

Mit einer Gesamtstärke von 292 mm und Ecose-Innendämmung (WLG 035) erreicht die diffusionsoffene Keitel-Außenwand einen U-Wert von 0,164 W/m2K, die Variante mit Jutedämmung  unterscheidet sich bei einem WLG-Wert von 038 bei gleicher Stärke nur unwesentlich.

Mit massiver Vormauerung

Einen deutlich anderen Weg geht die Firma Gussek mit ihrer zweischaligen „Hybridwand“. Hier kommt zur klassischen Holzrahmenkonstruktion eine gemauerte Verblendfassade hinzu – auf den ersten Blick eine typisch norddeutsche Erfindung, weil man hier im rauen Klima viel Wert auf einen langfristigen Witterungsschutz legt.

Massive Vormauerung

Massive Vormauerung: Innen klassisch aufgebaut, erhält diese Wand auf der Baustelle eine Stein auf Stein gemauerte Klinkerverblendung. Die verbessert die Widerstandsfähigkeit und die Werte für den Brand-, Schall- und Hitzeschutz. Foto: Gussek

Wegen einiger Vorteile ist diese Konstruktion aber auch für Bauherren südlich der Weißwurstgrenze eine Überlegung wert. So muss man nie mehr den Fassadenanstrich erneuern, Stürme, Starkregen und mechanische Beschädigungen sind kein Thema mehr, und der Schallschutz dieser Außenwand ist mit 59 dB äußerst komfortabel. Gleiches gilt für den Brandschutz, der mit F90 B auf Top-Niveau liegt. Hinzu kommt, dass die zweischalige Wand durch die Speicherfähigkeit und die Hinterlüftung der Vormauerung einen hervorragenden sommerlichen Wärmeschutz bietet, ohne beim Wärmeschutz im Winter abzufallen: Die 420 mm starke Wand hat einen U-Wert von 0,139 W/m2K. Die Bauzeit verlängert sich laut dem Technischen Leiter Peter Drees durch die manuelle Vormauerung nicht, weil diese parallel zum Innenausbau erfolgt. Von Nachteil sind ein höherer Energiebedarf in der der Klinkerproduktion und ein Aufpreis im Vergleich zu den ebenfalls angebotenen, einschaligen Varianten, der angesichts der Wertigkeit in Ordnung geht. Für Anhänger der Putzfassade bietet Gussek Haus eine Hybridwand mit verputzter Porenbeton-Vormauerung an.

Baubiologie ohne Kompromisse

Prominentester Akteur in diesem Bereich ist die Firma Baufritz, die als erster Hersteller das natureplus-Siegel für ihre komplette Wandkonstruktion erhalten hat. Die so zertifizierte „Voll-Werte-Wand“ weist einen klassischen Aufbau auf, allerdings sind laut Baubiologe Stefan Schindele alle verwendeten Materialien von Baufritz in Zusammenarbeit mit dem Kölner eco-Institut emissionsgeprüft und natureplus-zertifiziert. Die Rahmenhölzer stammen – wie alle Hölzer in der Wand – aus FSC- oder PEFC-zertifizierten Wäldern.

Die dazwischenliegende, 240 mm starke  „Hoiz“-Dämmung besteht aus Holzspänen, die das Unternehmen von seinen Holzzulieferern bezieht und in einem aufwändigen Verfahren aufbereitet. Dazu gehört neben einer schonenden Trocknung bei niedrigen Temperaturen die Behandlung mit Molke als Flammschutzmittel und mit Soda zur Erzielung eines alkalischen Millieus. Letzteres bietet ohne chemische Konservierung eine sehr gute Resistenz gegen Schädlinge und Pilze. Nach außen schließt sich die „Xund-E“ an, eine Funktionsschicht, die je nach Kundenwunsch elektromagnetische Strahlung zu 95 oder zu 99 Prozent von den Bewohnern abschirmt. Eine Holzweichfaserdämmung mit mineralischem Putz oder hinterlüfteter Holzfassade vervollständigt den Wandaufbau nach außen.

Baubiologische Holzrahmenkonstruktion

Baubiolologisch: Eine klassisch aufgebaute Holzrahmenkonstruktion, bei der alle Materialien aufwändige Emissionsprüfungen durchlaufen. Lohn der Mühe: das erste natureplus-Zertifikat für eine komplette Wandkonstruktion. Foto: Baufritz

Die innere Wandoberläche bilden Platten aus Holz oder reinem Naturgips – eine Qualität, die sich Baufritz durch eine vertragliche Vereinbarung vom Hersteller garantieren lässt. Es folgt eine Holzweichfaserdämmung als Installationsebene und eine weitere Naturgipsplatte als innere Beplankung der Holzrahmenkonstruktion. Zwischen beiden fungiert ein technischen Papier als luftdichte Ebene. Die Konstruktion ist diffusionsoffen.

Zu ihren Nachteilen gehören neben der etwas geringeren Dämmstoffeffizienz ein hoher Preis, der angesichts der aufwändigen Schadstoffreduzierung aber nachvollziehbar ist. Von Vorteil sind neben der weitgehenden Schadstofffreiheit eine sehr gute CO2-Bilanz, eine exzellente Recyclingfähigkeit und ein guter sommerlicher Wärmeschutz dank hoher Speicherfähigkeit. Die Phasenverschiebung liegt bei 12-15 Stunden. Die Basisvariante erreicht bei einer Stärke von 370 mm einen U-Wert von 0,20 W/m2K, die abgebildete Passivhauswand liegt mit 460 mm bei bis zu 0,14 W/m2K.

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