Vom Putz zur Platte

Die Fassade
Foto: Rathscheck

Die Fassade gibt dem Haus sein Gesicht. Darüber hinaus ist sie ein wesentlicher Teil der schützenden Gebäudehülle – und neuerdings auch Energiebauteil. Neben klassischen und neuen Materialien machen vertikal montierte Photovoltaikelemente die Außenwände zum hauseigenen Kraftwerk.

Klassiker: strukturiert herausgeputzt
Das im Fertigbau übliche Holzständer- oder Holzrahmenwerk der Außenwand kann im Grunde jede Fassade tragen. Im Vordergrund steht dabei, das Eigenheim vor schädlichen Witterungseinflüssen zu schützen, dem Schall- und Brandschutz Genüge zu tun und die wertvolle Heizenergie im Haus zu halten. Dazu kommt die Optik, die einen einfachen Baukörper aufwerten und anspruchsvolle Architektur wirkungsvoll unterstützen kann. Je nach Fertighausunternehmen liegt bei Kundenhäusern der Anteil der guten alten Putzfassade in der Größenordnung zwischen 60 und 80 Prozent, teilweise darüber.

Der Klassiker wird mit oder ohne Hinterlüftung angeboten, wobei sich inzwischen komplette Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) aus Dämm- und Putzebene weitgehend durchgesetzt haben. Von außen sichtbar sind dann Mineral- oder Kunstharzputze, die es in ungezählten Farben und Strukturierungen gibt; beispielsweise als Kellen-, Scheiben-, Kratz- oder Reibeputz.

Zur Erhaltung eines intakten Außenputzes wird alle zehn Jahre ein neuer Anstrich empfohlen. Die Putzfassade fürs Fertighaus ist meist im Standardpreis enthalten, als Rechengrundlage kann man von etwa 70 Euro pro Quadratmeter (WDVS) ausgehen.

Gestalten mit Holz und Farben
Im Kommen sind bei Putzfassaden laut Christian Baumann, Marketingleiter bei Bien-Zenker, farbig abgesetzte, Akzentflächen sowie ebenfalls akzentuierte Fassadenvor- und Rücksprünge. Dazu wünschten sich immer mehr Bauherrschaften Holz als Oberflächenmaterial – entweder in Teilen oder als Ganzholzfassade; eine Rhombusschalung als besonders elegante, flächige Form der Lamellenfassade beispielsweise und zunehmend auch sogenannte Holzelementfassaden aus Holzwerkstoff- oder Holzzementplatten.

Bei Weberhaus beispielsweise baut man zirka 30 Prozent der Kundenhäuser mit Holzschalung oder Fassadenplatten. In der Regel handele es sich nur um die Verschalung von Teilflächen, Komplettverschalung seien eher selten.

„Der Holzanteil wird immer größer“, bestätigt auch Jasmin Neuburger, bei Schwörer-Haus für die Architektur zuständig. Fast die Hälfte der Bauherrschaften entscheiden sich inzwischen für sichtbares Holz am Haus. „Der Renner“ bei dem schwäbischen Haushersteller: „moderne, filigrane Douglasie-Lamellen“, sagt die Architektur-Chefin.

Aus der breiten Farbpalette seien ­­– nach der Ära Weiß-Anthrazit, Rot und Blau – eher wieder wärmere Töne im Beige- und Braun-Spektrum angesagt. Den Aufpreis gegenüber Putz beziffert sie mit ca. 400 Euro pro Teilfläche und mit knapp 10000 Euro für ein komplettes, eineinhalbgeschossiges 120-Quadratmeter-Eigenheim.

Hier die Pflege, da der Klinker
Ob Douglasie, Fichte, Kiefer oder Lärche: Holz macht eine gute Figur und ist der Naturbaustoff mit einer hervorragenden Ökobilanz. Das gilt für die Trend-Fassaden ebenso wie für traditionelle Deckleisten-, Bodendeckel- oder quer liegende Stülpschalungen.

Wichtig ist ein durchdachter konstruktiver Holzschutz etwa durch weite Dachüberstände, und die vom Hersteller jeweils empfohlenen Streichintervalle sind einzuhalten. Der Preis für die angenehme Holzoptik ist ein erhöhter Pflegeaufwand.

Deutlich teurer als Putz und Holz ist eine Ziegel- bzw. Klinkerfassade, die besonders in nördlichen Gefilden als sichtbarer Teil der Regionalarchitektur noch immer einen hohen Stellenwert genießt. Im modernen Fertigbau wird das Vormauer- oder Verblendmauerwerk mit Abstand vor die Holzständerwand gesetzt. Der Hauseigentümer hat damit Jahrzehnte lang Ruhe. Der Preis für weitgehende Wartungsfreiheit: inklusive Dämmung ab ca. 100 Euro pro Quadratmeter Wandfläche.

Design: Plattenbau, neuester Stand
Zu moderner Designarchitektur passen „glatte“ Oberflächen in Form von vorgehängten Fassaden aus keramischen Platten, Glas, Metall, Kunststoffen, Schiefer oder Sperrholzplatten. Design-orientierte Bauherrschaften fragten gezielt nach solch neuer Optik, berichtet Julia Vielberth, bei Fischerhaus die Frau für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Allerdings: Kundenhäuser mit Platten- und Glas-Fassaden sind auch bei der in Bodenwöhr ansässigen Fertighausfirma „insgesamt gesehen noch eher Einzelfälle“.

Wie bei den Holzfassaden handelt es sich konstruktiv um hinterlüftete Fassaden, die man beispielsweise auf einer Holz- oder Aluminium-Unterkonstruktion befestigt. Das Material und der lohnintensive Aufwand machen sie entsprechend teurer. Aufpreis beim Fertighaus: Ab 50 bis deutlich über 100 Euro (Schiefer) pro Quadratmeter Wandfläche.

Gängig sind im Ein- und Zweifamilienhausbau neben den Material-Exoten hölzerne Dreischichtplatten und Furnierschichthölzer sowie farbenfrohe Fassadentafeln aus Holz- und Faserzement. Dreischichtholzplatten kann man wie Naturholz vergrauen lassen, oder sie sind farbig oberflächenbehandelt. Furnierschichtholz gibt es mit gebürsteter, genuteter oder sägerauer Fläche.

Innovative Holzzement-Platten sind bis zu
mehrere Qua­dratmeter groß und weisen eine pflegeleichte acrylatbeschichtete Oberfläche auf. Nach Herstellerangabe „mit geringer Schmutzhaftung“. Glatt, seidig matt oder sogar mit durchscheinender Struktur präsentiert sich die Reinacrylatbeschichtung von Faserzement-Platten. Auch diese gibt es drei Meter lang und in zahlreichen Farbtönen. Für den Hauseigentümer wird seine robuste Wetterunempfindlichkeit ein Argument sein – und für unkonventionelle Bauästheten auch die interessanten Gestaltungsmöglichkeiten.

Zeitgemäß: exklusives Energiebauteil
Weil nach Willen der EU Neubauten bis zum Jahr 2020 weitgehend energieautark sein sollen, rückt das Thema Energie-Fassade immer stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung. Zu den Neuentwicklungen zählen „Kollektorfassaden“ mit Glasoberfläche. Sie tragen Solarkollektoren und sind – ausgestattet beispielsweise mit Zuluftgeräten und Wärmetauschern – im Einfamilienhausbau noch weitgehend Zukunftsmusik.

Als „Aufwertung der Außenfassade von der reinen Schutzhülle zum Funktionsträger“ beschreibt ein Hersteller von Solarstromanlagen die neue Kombination von Außenwand und Photovoltaik (PV), der man insbesondere im Fertigbau immer öfters begegnet.

Praktisch sieht das so aus: Die Fassadenoberfläche wird von homogenen, schwarzen PV-Modulen gebildet. Eine ästhetisch anspruchsvolle Lösung, die das Eigenheim als hochwertiges Energiebauteil ausweist und vom Planer als architektonisches Upgrade  eingesetzt wird. Energetisch gesehen wird das Eigenheim damit meist zum Plus-Energiehaus.

Mit so einer Fassade als Energiespender erzielt zum Beispiel das Schöner-Wohnen-Musterhaus von Schwörer jährlich 400 Kilowattstunden Solarstrom-Überschuss, der für 14800 Kilometer mit dem E-Bike ausreicht. Von 11000 Kilowattstunden Eigenstrom bleiben beim Entwurf Independent von Bien-Zenker 4400 übrig, um mit einem Elektro-Smart ungefähr 28000 Kilometer im Jahr fahren zu können.

Fazit: Die Fassade der Zukunft ist architektonisch on top, sie schützt das Bauwerk vor Witterung und Wärmeverlusten – und sie kann für ein energieautarkes Eigenheim plus schadstofffreie Mobilität sorgen!

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