Das falsche Maß

das falsche Maß Canva AndreyPopov
Bild: Canva, AndreyPopov

Warum viele Grundstückseigentümer jahrelang zu viel Grundsteuer zahlten.

Wie die Grimm’schen Märchen könnte auch dieser Artikel mit „Es war einmal…“ beginnen. Damals, Anfang des 19. Jahrhunderts, als der größte Teil der heutigen Grund- und Flurstücke vermessen wurde. Unglaublich, aber wahr: Seitdem wurden viele Flächen nicht neu bewertet.

Jahrelang zu viel gezahlt

Die Grundsteuererklärung beschäftigt aktuell viele deutsche Grundstückseigentümer. Besonders die Frage nach der Fläche der eigenen Besitztümer steht hier an zentraler Stelle. Die Vermessungs- Unternehmen haben Hochkonjunktur – und stellen manchmal Überraschendes fest: Viele Grundstücke sind sehr ungenau vermessen. Bei einem Beispiel aus Chemnitz dachte ein Eigentümer, sein Grundstück wäre 8.000 Quadratmeter groß. In Wahrheit waren es Tausend weniger. Auch weitere Chemnitzer stellten im Rahmen der Vermessung fest, dass sie jahrelang zu viel Grundsteuer zahlten, wie ein Artikel erzählt. Demnach kommt es hundertfach vor, dass die Fläche im Grundbuch größer ist als die tatsächliche Fläche.

Die Ursache liegt auf der Hand: Die Messtechnik im 19. Jahrhundert war bei Weitem nicht so präzise wie die heutigen Möglichkeiten. Und wenn von damals vermessenen Flächen durch moderne Vermessungen Grundstücke abgetrennt werden, sind die verbleibenden Areale umso ungenauer.

Neuvermessung in NRW

Mit gutem Beispiel ging jetzt das Vermessungs- und Katasteramt des Rheinisch-Bergischen Kreises voran, das im Februar 2022 eine automatisierte Neuvermessung aller Flur- und Grundstücke mit modernster Technik vornahm. Parallel wurden die Liegenschafts- und Katasterkarten von Papier in eine digitale Form umgewandelt. Vorangebracht wurden die Vermessungen auch die Einführung eines europaweit einheitlichen Koordinatensystems und die Umstellung auf das Amtliche Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS).

Durch die Neuvermessung soll mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. 225.000 Flurstücke waren von der Aktion betroffen, wie der Landkreis berichtet. Und wie erwartet wurde auch hier festgestellt, dass die Flächenangaben im Grundbuch oft nicht mit den tatsächlichen Maßen übereinstimmen.

Das perfekte Hilfsmittel

Ein willkommenes Hilfsmittel für die Vermessungen ist die sogenannte Grundstücks- bzw. Flurstücksgeometrie. Die Flurstücksgeometrie ist eine zweidimensionale Zeichnung eines Flurstücks. Sie enthält die genauen Maße des Flurstücks sowie Lagepunkte als Koordinaten. Aus der Flurstücksgeometrie sind insbesondere die Grenzen des Grundstücks auf den ersten Blick erkennbar. Weiterhin werden an den Eckpunkten der Fläche die Innenwinkel eingezeichnet und die Seitenlängen der Grenzumrandung sind dargestellt. Mit den Regeln der Geometrie ist es dann möglich, die Fläche des Grundstücks bis auf zwei Nachkommastellen genau zu bestimmen.

In Gegensatz zur veralteten Messtechnik ist es mit der Flurstücksgeometrie möglich, exakte Flächenmessungen anzustellen. Diese Angaben sind für diverse rechtliche Vorgänge wichtig. Sie dienen nicht nur als Informationsgrundlage für Immobiliengeschäfte, sondern sind auch essenziell für die Immobilienbewertung und werden als Berechnungsmaßstab für Baumaßnahmen verwendet.

Eine Möglichkeit, um an diese Flurstücksgeometrien zu gelangen, ist die Plattform Geoindex. Hierüber ist es möglich, für jedes beliebige Flurstück die Zeichnung ohne Wartezeit als PDF zu erhalten. Eine Registrierung ist dafür nicht notwendig. Der Preis beträgt gerade einmal 15 Euro, die Flurstücksgeometrie kann aber bei der Berechnung der Grundsteuer viel mehr wert sein.

Flurstück gleich Grundstück?

Ach ja, worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einem Flurstück und einem Grundstück? Ein Flurstück ist ein offiziell vermessener Teil des Landes. Dieser Teil ist nicht gleichbedeutend mit dem Grundstück, denn dieses kann aus mehreren Flurstücken bestehen.

Mit der Flurstücksgeometrie ist es möglich, Grundstücke detailgenau zu vermessen. „Und wenn sie nicht gestorben sind“, dann werden sie hoffentlich dafür sorgen, dass alle Eigentümer in Zukunft genauer wissen, wie groß ihr Besitz ist und welche Grundsteuer abgeführt werden muss.

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